Workation
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Workation
Der Begriff „Workation“ setzt sich zusammen aus Arbeit (work) und Urlaub (vacation). Workation beschreibt eine Form der Arbeit, bei der sich Arbeitnehmer an einem anderen (Urlaubs-)Ort befinden, um dort ihrer beruflichen Tätigkeit nachzugehen.
Abzugrenzen ist hiervon das „Bleisure“ (Zusammensetzung aus dem Wort „Business“ und „Leisure“), was bedeutet, dass eine Geschäftsreise durch das Ergänzen von Freizeit bewusst verlängert wird. Arbeitnehmer hängen hierbei an die Geschäftsreise entweder am Ende Tage dran oder reisen früher an.
Arbeitsrechtliche Regelungen bei Workation
Arbeitnehmer haben ohne entsprechende individuelle Vereinbarung beziehungsweise kollektive Regelung keinen Anspruch auf mobiles Arbeiten, vor allem nicht im Ausland.
Bei einer generellen Ermöglichung sind die Rahmenbedingungen in einer entsprechenden Richtlinie bzw. Betriebsvereinbarung festzulegen.
Wird nur wenige Wochen im Ausland gearbeitet, gilt weiterhin deutsches Arbeitsrecht, da sich der „gewöhnliche Arbeitsort“ des Arbeitnehmers nicht ändert. Etwas Anderes gilt nur, wenn der Arbeitnehmer mehr als die Hälfte der Arbeitstage im Jahr aus einem anderen Land heraus arbeitet; dann gilt grundsätzlich das Arbeitsrecht des anderen Landes.
Einkommensteuer/Lohnsteuer
Arbeiten aus dem Ausland kann einerseits eine Einkommensteuerverpflichtung des Arbeitnehmers und andererseits auch eine Lohnsteuerverpflichtung des Arbeitgebers auslösen. Allgemein lässt sich sagen, dass der Arbeitnehmer dort einkommensteuerpflichtig ist, wo er seine Tätigkeit ausführt. Bei Doppelbesteuerungsabkommen ist die berühmte 183-Tage-Regelung relevant. Sie besagt, dass der Arbeitnehmer im Heimatland einkommensteuerpflichtig bleibt, wenn er sich nicht länger als 183 Tage im Ausland aufhält und die Vergütung nicht von einem ausländischen Arbeitgeber oder einer ausländischen Betriebsstätte gezahlt wird. Andernfalls kann es zur Aufteilungspflicht des dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfenden Arbeitslohns zwischen Deutschland und dem jeweiligen Staat kommen. Eine genaue Dokumentation des Reiseverhaltens, die erlaubte Länderkombination und mögliche, nationale Besonderheiten sind daher genau im Blick zu behalten, um eventuelle Verpflichtungen zu vermeiden bzw. auszuschließen.
Sozialversicherung
Löst ein freiwilliger Aufenthalt eine Sozialversicherungspflicht aus und wie wirkt sich dies auf den Zugang zu medizinischer Versorgung und anderen Leistungen aus?
Im Grundsatz gilt das Territorialitätsprinzip und zwar unabhängig davon, wo der Arbeitgeber seinen Sitz hat, der Mitarbeiter wohnt oder welche Staatsangehörigkeit er hat: Ein in Deutschland beschäftigter Arbeitnehmer unterliegt dem deutschen Sozialversicherungsrecht. Wird hingegen eine Tätigkeit im Ausland ausgeübt, findet grundsätzlich ausländisches Sozialversicherungsrecht Anwendung.
Eine Workation im Ausland hat somit immer Bezug zu mehr als einem Staat: neben Deutschland als dem Land, in dem die Beschäftigung regelmäßig erfolgt, der Staat, in dem die Workation ausgeübt wird. Stellte man allein auf das Territorialitätsprinzip ab, bedeutete dies, dass bereits ab dem ersten Tag der Beschäftigung im Ausland ausländisches Sozialversicherungsrecht zur Anwendung käme. Um einen vorübergehenden Wechsel der Sozialversicherungssysteme zu vermeiden, sieht der Gesetzgeber bei vorübergehenden Tätigkeiten im Ausland Sonderregelungen vor. Im Fall einer Tätigkeit eines Arbeitnehmers im Ausland wird der sich ergebende persönliche und räumliche Geltungsbereich durch die sogenannte Ausstrahlung durch überstaatliches – also für mehrere Länder gemeinsam geltendes – Recht sowie durch zwischenstaatliche (bilaterale) Vereinbarungen erweitert. Die Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts haben immer Vorrang vor den allgemeinen Bestimmungen.
Tätigkeiten innerhalb der EU/dem EWR und der Schweiz
Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten innerhalb der EU/dem EWR und der Schweiz kommt immer nur das Recht eines Staats zur Anwendung. Doppelte Versicherungspflicht, verbunden mit doppelter Beitragszahlung, sind hier ausgeschlossen.
Um einen Mitarbeiter, welcher vorübergehend aus dem Ausland arbeitet, von der ausländischen Sozialversicherungspflicht zu befreien und weiterhin dem heimatlichen Recht zu unterstellen, sieht die VO (EG) Nr. 883/2004 Regelungen für „entsandte“ Personen vor. Auch wenn die Workation i. d. R. von den Mitarbeitenden nachgefragt wird und also nicht auf Geheiß des Arbeitgebers erfolgt, ist bei einer Workation aus dem Ausland dennoch immer im ersten Schritt zu prüfen, ob es sich um eine Entsendung handelt. Sozialversicherungsrechtlich wird nicht danach unterschieden, warum ein Auslandseinsatz erfolgt. Für alle grenzüberschreitenden Arbeiten gelten die Regelungen einer „Entsendung“.
Eine Entsendung liegt vor, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Die betreffende Person muss bei einem Arbeitgeber beschäftigt sein, der in Deutschland gewöhnlich tätig ist
- der Arbeitgeber „entsendet“ einen Arbeitnehmer in einen anderen Mitgliedstaat, damit er dort für ihn eine Beschäftigung für einen begrenzten Zeitraum (höchstens 24 Monate) ausübt
- während der Dauer der Entsendung muss eine arbeitsrechtliche Bindung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehen
- der Arbeitnehmer löst keine andere entsandte Person im Ausland ab.
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, unterliegt der Beschäftigte kraft Gesetzes weiterhin den deutschen Rechtsvorschriften. Mithin ist die Person von der Anwendung der Rechtsvorschriften des anderen Mitgliedstaats befreit.
Sollte eine Voraussetzung nicht erfüllt sein, gelten grds. die Rechtsvorschriften über die soziale Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem die Beschäftigung physisch ausgeübt wird.
Tätigkeiten außerhalb EU/EWR/Schweiz
Bei einer Workation in einem Staat außerhalb der EU/dem EWR oder der Schweiz (Drittstaat) ist im ersten Schritt zu prüfen, ob Deutschland mit dem jeweiligen Staat ein bilaterales Sozialversicherungsabkommen geschlossen hat und welche Zweige der Sozialversicherung durch das jeweilige Abkommen geregelt werden. Zu den Staaten zählen u. a. China, Indien, Kanada oder die USA.
Zu beachten ist, dass viele Abkommen nicht zu allen Sozialversicherungszweigen Regelungen enthalten. So betrifft z. B. das Abkommen mit den USA nur die Rentenversicherung, das mit China nur die Renten- und Arbeitslosenversicherung.
Liegt ein solches Sozialversicherungsabkommen nicht vor (sog. vertragsloses Ausland), muss allein nach innerdeutschen Grundsätzen geprüft werden, ob ein Verbleib in der deutschen Sozialversicherung möglich ist. Hier greifen die Regelungen der Ausstrahlung
Betriebsstätte
Steuerbehörden legen bei Prüfungen vermehrt ihr Augenmerk auf die mögliche Begründung von Betriebsstätten durch Beschäftigte, die vorübergehend außerhalb des Ansässigkeitsstaates ihres Arbeitgebers tätig werden. Mit der Ausübung von geschäftlichen Aktivitäten im Rahmen eines Workation-Aufenthalts im Ausland kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Betriebsstätte begründet werden. Zu den Mitarbeitergruppen mit hohem Risiko gehören insbesondere Organmitglieder, Führungskräfte und andere Mitarbeitende, die Verträge für das Unternehmen abschließen können bzw. die Gesellschaft rechtskräftig vertreten können. Die Konsequenzen einer möglichen Betriebsstättenbegründung erschöpfen sich dabei längst nicht in bürokratischem Mehraufwand bezüglich Anmeldung und laufenden Erklärungsverpflichtungen der möglichen Betriebsstätte. Im Zweifel sind eine Gewinnallokation ins Ausland und sogar die Doppelbesteuerung von Unternehmensgewinnen möglich.
Zudem entsteht arbeitgeberseitig durch die versehentliche Begründung einer Betriebsstätte meist eine Lohnsteuereinbehaltungsverpflichtung im Ausland und es muss zusätzlich eine entsprechende Gehaltsabrechnung aufgesetzt werden. Pauschale Aussagen zur Begründung einer Betriebsstätte können nicht getroffen werden, da meist eine Einzelfallbeurteilung von Land, Funktion der betroffenen Person und ausführender Tätigkeit notwendig wird. Zu beobachten ist jedoch die Tendenz, dass unsere Nachbarländer immer schneller eine Betriebsstätte als begründet sehen.
Die meisten Länder haben in der Regel eine Betriebsstättendefinition im nationalen Recht verankert. Besteht zwischen zwei Ländern kein DBA, gilt die Betriebsstättendefinition des lokalen Steuerrechts. Bei Vorliegen eines DBA zwischen zwei Ländern geht die Betriebsstättendefinition des DBA dem lokalen Recht vor.
Deutschland hat mit über 120 Staaten ein DBA abgeschlossen und somit mit einer großen Anzahl an Ländern bilateral vereinbarte Betriebsstättendefinitionen.
Im Fall von Workation spielt für die steuerliche Einordnung das Kriterium der Verfügungsmacht über eine etwaige Geschäftseinrichtung eine zentrale Rolle. D. h., ob ein Unternehmen Verfügungsmacht über eine Ferienwohnung ausüben kann oder nicht, ist von grundlegender Bedeutung bei der Bewertung, ob eine Betriebsstätte gegeben ist. Aktuell stellen viele OECD-Mitgliedstaaten auf die faktische Verfügungsmacht ab. Die deutsche Rechtsprechung hingegen legt die tatsächliche Verfügungsmacht zugrunde. Diese ist gegeben, wenn das Unternehmen dem Mitarbeiter für seine Tätigkeiten im Ausland z. B. ein eigenes Büro anmietet und zur Verfügung stellt. Dies ist im Rahmen einer Workation jedoch regelmäßig nicht der Fall. Folgt das Ausland hingegen der faktischen Verfügungsmacht, kann dieses Kriterium möglicherweise auch bei Workation erfüllt sein. Hierbei wird davon ausgegangen, dass das Unternehmen auf die Arbeit des Mitarbeiters Einfluss nimmt, da der Mitarbeiter weisungsgebunden ist. Das Unternehmen übt somit eine faktische Verfügungsmacht über den „Arbeitsplatz“ des Mitarbeiters aus.
Fazit
Bei Workation kommt es primär auf die angestrebte Dauer des Auslandsaufenthalts, die Qualifikation des Arbeitnehmers und das Zielland an. Aus einer lediglich vorübergehenden Tätigkeit im EU-Ausland, die einen Zeitraum von maximal sechs Monaten nicht überschreitet, sollten grundsätzlich keine negativen Auswirkungen auf bestehende bzw. zusätzliche steuerliche Verpflichtungen des Arbeitgebers folgen. Eine Prüfung der lokalen Gesetzgebung in Verbindung mit dem entsprechenden DBA des Zielstaates muss jedoch zwingend erfolgen. Streng abzugrenzen sind Workation zudem von der klassischen Entsendung. Abschließend erwähnt werden sollte, dass es keinen gesetzlichen Anspruch auf Genehmigung einer Art der „Auslandsarbeit“ für Arbeitnehmer gibt.
Durch klare Richtlinien und eine enge Zusammenarbeit mit Experten auf diesem Gebiet können die Vorteile einer Workation voll ausgeschöpft werden. Diese innovative Arbeitsform repräsentiert nicht nur die Zukunft der Arbeit, sondern auch eine Chance für Unternehmen, ihre Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern und ihren Mitarbeitern ein ausgewogenes Verhältnis von Arbeit und Privatleben zu ermöglichen. Wenn Sie weiterführende Fragen zu diesem Thema haben, können Sie sich gerne an uns wenden. Unsere Spezialisten beraten Sie gerne.
REVISA Kommentiert
Das Thema „Workation“ wird aufgrund der sich wandelnden Arbeitswelt und der immer weiteren Digitalisierung zunehmend aktuell und betrifft über kurz oder lang jedes Unternehmen. Neben den organisatorischen Herausforderungen für das Unternehmen stellen sich zudem Fragen im Arbeits-, Steuer und Sozialversicherungsrecht. Es ist daher ratsam, sich baldmöglichst mit dem Thema zu befassen, um den bestehenden Mitarbeitern oder auch neuen Mitarbeitern einen ganz besonderen Mehrwert bieten zu können.
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